Gefässchirurgie

Die Gefässchirurgie ist die Fachdisziplin der Chirurgie, die sich mit sämtlichen Gefässen des menschlichen Körpers, mit Ausnahme der intrakraniellen Gefässe und der Herzgefässe (Koronararterien), die der Herzchirurgie zugeordnet sind, befasst.

Aufgaben des Herz-Kreislauf-Systems

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in den Industrieländern die häufigste Ursache für Tod und Invalidität. Das Herz-Kreislauf-System ist ein komplexes System mit zahlreichen Aufgaben, zu denen das Herz, die Arterien, Venen und Lymphgefässe gehören. Es transportiert das Blut und damit Sauerstoff zu den verschiedenen Organen. Es übernimmt darüber hinaus wichtige Aufgaben für das Immunsystem, die Wärmeregulierung sowie die Verteilung von Hormonen und den Abtransport von Stoffwechselendprodukten.

Da es sich um chronische und fortschreitende Erkrankungen handelt, ist es unerlässlich, eine regelmässige Überwachung zu gewährleisten.

Arterien-Chirurgie

Wie der Name schon sagt, geht es um die Behandlung von arteriellen Läsionen, die in mehr als 90 % der Fälle auf atherosklerotische Plaques zurückzuführen sind und vor allem an den Verzweigungen entstehen.

Hierbei kann es sich um Verengungen (Stenosen), die den Blutfluss verlangsamen, Verschlüsse (Thrombosen), die für die akute Ischämie eines arteriellen Versorgungsbereichs verantwortlich sind (plötzlicher Mangel an Sauerstoffversorgung), Erweiterungen, die als Aneurysmen bezeichnet werden oder sogar Dissektionen (Aufspaltung der Aorta) handeln. Nach der Anamnese und einer umfassenden klinischen Untersuchung erfolgt die Beurteilung in erster Linie durch einen Doppler-Ultraschall sowie der Berechnung des ABI-Index (Knöchel-Arm-Index).

Je nach Pathologie (Art und Lage der Läsionen), aber auch je nach Patient (Alter, Vorgeschichte) bieten sich dem Chirurgen/der Chirurgin mehrere Möglichkeiten:

  • eine klassische Operation (durch Öffnen der Arterie): Endarteriektomie (operative Entfernung der Plaques) oder Bypassoperation.
  • ein minimalinvasiver chirurgischer Eingriff durch eine Hautöffnung mit endovaskulären Techniken: Angioplastie mit oder ohne Rekanalisation und/oder Stenting, durch Einbringen von Ballons, Stents oder Endoprothesen in das Gefäss, die eine Behandlung ohne Öffnen des Gefässes ermöglichen.

In allen Fällen wird die chirurgische Behandlung durch eine Therapie ergänzt, welche die Kontrolle der Risikofaktoren einschliesst, insbesondere die Raucherentwöhnung, eine Verbesserung des Lebensstils und spezielle Medikamente, um ein Verklumpen der Blutplättchen zu verhindern.    

Je nach Entstehungsort können die Symptome sehr unterschiedlich sein:

  • Stenosen der Arteria Carotis, auch bekannt als Halsschlagader, die das Gehirn mit Blut versorgt, können verantwortlich sein für:
    • eine Transitorische ischämische Attacke (TIA) ohne Folgeerscheinungen, oder
    • einen Schlaganfall, dessen Folgen oft dramatisch sind (Hemiplegie, Aphasie, Sehstörungen usw.)

Wenn die Verengung mehr als 70 % beträgt, ist die Indikation für eine Operation gegeben. Dabei ist der beste Weg die Endarteriektomie, die darin besteht, die atherosklerotische Plaque möglichst unter Lokal- bzw. Regionalanästhesie zu entfernen.

  •  Die Periphere arterielle Verschlusskrankheit der unteren Extremitäten (pAVK) betrifft alle Arterien von der Aorta bis zu den sehr peripher gelegenen Arterien von Fuss und Zehen. Sie ist verantwortlich für die Claudicatio intermittens, eine Gehstörung. In fortgeschrittenen Stadien treten Dekubitusschmerzen auf, die den Patienten am Schlaf hindern, Hautläsionen mit Nekrose oder akute Ischämie. Die Behandlung dieser Erkrankung erfolgt zu über 70 % durch endovaskuläre Massnahmen, Ausweitung des Gefässes und/oder Einsetzen eines Stents, kann aber auch eine Endarteriektomie oder Bypassoperation erforderlich machen.
  • Aneurysmen können alle arteriellen Gefässe betreffen. Die häufigsten befinden sich an der Bauchaorta unterhalb der Höhe der Niere. Klinische Anzeichen fehlen oft. Das Aneurysma wird häufig erst im Rahmen einer notfallmedizinischen Untersuchung entdeckt. Die Behandlung erfolgt chirurgisch, sobald der Durchmesser des Aneurysmas grösser als 50 mm ist. Je nach Patient wird entweder eine offene Operation (Gefässprothese) oder das Einsetzen einer Aortenendoprothese mit Zugang über die Oberschenkelarterie gewählt.

Venenchirurgie

Hierbei geht es vor allem um Probleme der chronischen Insuffizienz der oberflächlichen Venen, die zu Krampfadern und deren Komplikationen führen. Dies ist die häufigste chronische Erkrankung, da sie drei Viertel der Bevölkerung über 65 Jahren betrifft.

Weitere Interventionsbereiche

Der Gefässchirurg ist ebenso beteiligt an der Behandlung von Stenosen der Nierenarterien oder der Arterien des Verdauungstraktes sowie von Thrombosen der tiefen Venen oder eines Stauungssyndroms der Venen im Becken- und Genitalbereich. Bei der Dialyse ist er für das Anlegen eines arteriovenösen Shunts zuständig.

Auch übernimmt er die Behandlung eines Schultergürtel-Kompressionssyndroms, des Truncus-coeliacus-Kompressionssyndroms oder trophischer Störungen, insbesondere der Füsse von Diabetikern. Schliesslich kann er bei geplanten oder verletzungsbedingten chirurgischen Eingriffen hinzugezogen werden, wenn die Gefässe betroffen sind. Unter besonderen kommt die Chirurgie des lymphatischen Gefässsystems zur Anwendung.

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