Traue keiner Statistik: Warum «signifikant» noch lange nicht wichtig ist
«Eine Woche länger überlebt – statistisch signifikant!» Solche Schlagzeilen klingen nach medizinischem Fortschritt. Doch was bedeutet das tatsächlich für Patientinnen und Patienten? Viele statistisch nachweisbare Unterschiede in der Medizin sind zwar messbar, im Alltag der Betroffenen jedoch kaum spürbar.
Statistische Signifikanz zeigt lediglich, dass ein Unterschied besteht, nicht, ob er für Menschen relevant ist. Seit Jahren engagiert sich das Forschungsteam um Prof. Milo Puhan (Universität Zürich) und Prof. Pierre-Alain Clavien (Universität Zürich und Swiss Medical Network, Privatklinik Bethanien, Zürich) für eine stärker patientenzentrierte Bewertung medizinischer Ergebnisse. Bereits 2022 fand in Zürich eine internationale Konsensuskonferenz zu diesem Thema statt (publiziert in Nature Medicine). Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg sind objektive Qualitätsmarker wie die Clavien-Dindo-Klassifikation (CD) und der Comprehensive Complication Index (CCI®), heute weltweit etablierte Instrumente zur Beurteilung der Ergebnisqualität medizinischer Eingriffe.
In einer neuen Studie hat das Team nun erstmals den Minimal Important Difference (MID) des CCI® bestimmt, also die Schwelle, ab der Unterschiede im Komplikationsausmass für Patientinnen und Patienten tatsächlich spürbar sind. Das Ergebnis: Eine Veränderung von 12 Punkten im CCI® markiert den Punkt, an dem sich die Belastung durch Komplikationen für Betroffene deutlich bemerkbar macht.
Diese Erkenntnis ist wegweisend für die Planung und Interpretation klinischer Studien. Sie hilft, medizinische Behandlungen nicht nur nach statistischen Kennzahlen, sondern nach ihrem tatsächlichen Nutzen für Patientinnen und Patienten zu bewerten, ein entscheidender Schritt hin zu einer Medizin, die wissenschaftlich präzise und zugleich menschlich relevant ist.